Die vielen Gesichter der ADH *1


Mancher Kommilitone mag sich gefragt haben, wer denn die ADH sei, die zu einer Demonstration gegen das BGH genau eine Stunde später aufgerufen hat, als der AStA und die STUDENTENSCHAFT BAYERNS. Vielleicht dachten einige, dies sei eine neue Demonstrationsform im Stile einer Anti-BHG-Ralley. Wir wollen versuchen, den verwickelten Sachverhalt in Form einer kurzen Chronik der Ereignisse aufzuklären:

Mittwoch, 21. 11.: In der „Süddeutschen Zeitung“ liest der AStA, daß die CSU entschlossen ist, das BHG noch am 28. oder 29. 11. durch den Landtag zu jagen. Während der AStA noch über die Vorziehung der für Anfang Dezember geplanten Demonstration berät, läutet das Telefon. Der AStA-TU teilt lapidar mit, er hätte für Mittwoch, den 28. 11., eine Demonstration angemeldet und ladet den AStA Uni ein, sich anzuschließen.
Am selben Tag um 22 Uhr: Zwei Vertreter des AStA-Uni sprechen mit dem AStA-TU und erfahren folgendes: Nicht der AStA-TU habe die Demonstration angemeldet, sondern die ADH. Diese habe aber nichts dagegen, wenn die Uni-Studenten sich anschließen würden. Auf der Schlußkundgebung dürften aber nur Sprecher der ADH auftreten, als da seien, ein Mitglied des VDS-Vorstandes (gewerkschaftlich-orientiert), ein Mitglied der GEW und ein Sprecher des DGB. Wir weisen darauf hin, daß es doch komisch wäre, wenn der AStA-Uni, der ja allen Erfahrungen der letzten Demonstrationen zufolge das Gros der Demonstrationsteilnehmer mobilisieren würde nur die Demonstranten mitbringen würde, während die ADH die Redner und Parolen stellt. Wenn es eine Demonstration der beiden ASten geben soll, dann müßten beide auch gleichberechtigt reden dürfen. Die Verhandlungen werden vertagt.

Donnerstag, 22. 11., 8.30 Uhr: Ein Vertreter des AStA-Uni geht zum Amt für öffentliche Ordnung und erkundigt sich, wer die Demonstration angemeldet habe. Er erfährt, die habe ein Herr vom AStA-TU besorgt, der auch versicherte, das Ganze sei mit der STUDENTENSCHAFT BAYERNS abgesprochen. Nachdem wir von unserem Genossen telefonisch informiert werden, daß AStA-TU und ADH uns austricksen wollen, melden wir selber eine Demonstration an.
Am selben Tag, 13 Uhr: Bündnis- Verhandlungen zwischen uns und dem AStA-TU. Dieser bietet uns nun an, auch einen Redner von uns – neben VDS, GEW und DGB – reden zu lassen. Die Demonstration müsse aber ausdrücklich den Charakter der Politik der gewerkschaftlichen Orientierung aufweisen.
Am selben Tag, 15 Uhr: Der Landesverband der STUDENTENSCHAFT BAYERNS beschließt, in ganz Bayern zu Demonstrationen aufzurufen und sie – wenn möglich – auch selber durchzuführen.
Am selben Tag um 18 Uhr: Der AStA der Fachhochschule beschließt, sich der Demonstration der STUDENTENSCHAFT BAYERNS (SB) anzuschließen, obwohl ein ADH-Vertreter ihm weiszumachen versucht, die Polizei habe nur die ADH-Demo genehmigt.
Am selben Tag um 12.30: Der Studentenrat der TU (entspricht etwa unserem Konvent) beschließt, daß die Studentenschaft der TU an der SB-Demonstration teilnimmt und verpflichtet den AStA, dazu aufzurufen. Freitag bis Dienstag (27. 11.) 13.30: Der AStA-TU tut das nicht.

Dienstag, 28. 11., 13.30: Studentenschaftsvollversammlung der TU. Der AStA der TU erklärt (a) er sei nach wie vor Mitglied in der ADH (b) er rufe als AStA hiermit zur Teilnahme an der SB-Demonstration auf (c) er sei aber nach wie vor dafür, an der ADH-Demonstration teilzunehmen. Die Studentenschaftsvollversammlung beschließt: der AStA-TU und die Studenten der TU nehmen an der SB-Demonstration teil.
Am selben Tag 22 Uhr: Vertreter des AStA-TU kommen zu uns und erklären folgendes: als AStA-TU nehmen wir an der SB-Demonstration teil, als ADH-Mitglieder nehmen wir an der ADH-Demonstration teil. Wir fordern als AStA-TU einen Redner auf Eurer Abschlußkundgebung. Befragt, ob der AStA der TU die Gabe der Bilokation (gleichzeitige Anwesenheit an zwei Orten) erfunden habe, meinte er, das tue hier nichts zur Sache.
 

Die ADH: ein Mensapudding?

Wer also ist die ADH: der AStA-TU ist es nicht und doch; der DGB ist es nicht (denn nur die Ortsgruppen München von GEW und ÖTV sind in der ADH), und doch, denn ein DGB-Redner soll auf der ADH-Kundgebung sprechen; gewerkschaftlich-orientiert ist sie (Der Spartakus ist Mitglied) und auch nicht (denn die Jung-Demokraten von der FDP unterstützen die ADH), Man könnte also die ADH vergessen, solange sie nicht von sich selbst sagen kann, was sie ist. Sie sagt nur, sie sei für eine „demokratische Hochschule“ (dafür ist auch Maier und die CSU, würden wir ihnen deshalb einen Redner zugestehen?). Doch wir wollen zu einem Punkt Stellung nehmen, der alle Sprachrohre der ADH eint, um zu begründen, warum sie an der SB-Demonstration nicht teilnehmen wollen: wir hätten etwas gegen die Interessen der arbeitenden Bevölkerung, weil wir keinen ADH-Gewerkschaftler reden lassen. Hierzu folgendes: wer die Interessen der Arbeiter vertritt, ist eine politische Frage, keine des Etiketts.

Wer sagt, die Gewerkschaften seien die Organisationen der Arbeiterklasse, nur weil sie Gewerkschaften sind, der betreibt Etikettenschwindel.

Wir sagen, die Politik der die ADH unterstützenden Spartakisten, SHBler und Jusos ist falsch, ihre Analyse des BHG ist falsch, ihre „Alternative“ zum BHG ist falsch und haben dies oft und ausführlich begründet (MSZ und diverse SB, AStA-Publikationen) Die ADH sagt nichts dagegen, nur daß Gewerkschaftler her müssen. Genauso könnte man sagen, der RCDS dürfte für die Studenten reden, weil seine Mitglieder Studenten sind …

KOMMILITONEN. laßt Euch nicht verschaukeln. Die vielen Gesichter der ADH haben die Form des Puddings beim Mensamenü: KEINE!

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„Aktion Demokratische Hochschule“, offenbar eine Tarnorganisation eines Bündnisses von „fortschrittlichen Kräften“, die sich überall an die Macht anschleimen, wo es nur irgendwie geht.

 

aus: MüSZ 9 – 1973

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