Bürgerkrieg in Ulster

Geschichte, Ökonomie und Politik in Irland


Der Generalstreik der Protestanten in Ulster und der Tod eines hungerstreikenden Kombattanten der „Provisionals“ in einem britischen Gefängnis kennzeichnen die Lage in Nordirland zum gegenwärtigen Zeitpunkt: die „Bombenkampagne“ der „Provisionals“ hat das protestantische Proletariat in Ulster mit den herrschenden Klassen und Mächten zusammengeschweißt und diejenigen, die den gewaltsamen Sturz des imperialistischen Systems auf ihre Fahnen geschrieben haben, demonstrieren ihre Ohnmacht durch einen Opfertod, dessen Sinnlosigkeit korrespondiert mit der Irrationalität eines Terrors, der zuletzt immer unterschiedsloser jeden traf, auch ehemalige Kampfgefährten, die als „Verräter“ gebrandmarkt worden waren. So scheinen die „Provisionals“ das Credo des bürgerlichen Bewußtseins schmählich zu verifizieren, daß Gewalt in der Politik immer nur das alte Entsetzen reproduziert. Hinzu kommt noch die schadenfrohe rancune, das geschähe den irischen Revolutionären recht und das öffentliche Interesse wendet sich wieder den bürgerlichen Politikern zu, die es ja ohnehin am besten wissen müssen.

Tatsächlich aber sind die Ereignisse in Nordirland ein blutiges Exempel dafür, daß Praxis, sei sie auch noch so revolutionär gesinnt, ins Wahnhafte verkommt, wenn sie nicht vorher weiß, was das ist, wogegen sie sich richtet. Dem Diktat der Pfaffen und Dunkelmänner auf protestantischer Seite, zu denen sich mittlerweile ein „Arbeiterrat“ gesellte, der die „historische Mission des Proletariats“ zur chauvinistischen Mimikry depraviert, entsprechen auf der anderen Seite Folklorerevolutionäre der „Provisionals“, denen seit Jahren die Initiative bei den Katholiken zufällt. Ansätze einer Politik, die den Teufelskreis zwischen protestantischem und katholischem Irrationalismus, wenn es sein müßte auch mit Gewalt, durchbrechen könnten, werden so frühzeitig niedergehalten. Wo sie sich finden, wie bei der IRA (Officials), werden sie Opfer der britischen Repression, die unterschiedslos jeden trifft, den sie für eine Gefahr für law & order in Ulster hält oder gleiten ab in Reformismus. Längst ist die Gewalt, die einmal objektiv revolutionär war, als Waffe und Selbstschutz gegen die Verhinderung revolutionärer Politik, zum Trauma geworden, das eigenen Gesetzen gehorcht und nicht mehr den Zwecken vorwärtstreibender Politik. Diese wäre auf eine Analyse der historischen und ökonomischen Voraussetzungen, die die ausweglose Lage in Irland produziert haben, verwiesen. Nachfolgendes versucht jene Grundlagen zu benennen und damit den Ausgangspunkt kommunistischer Politik zu skizzieren.


„This whole business about Irish nationalism can become bloody serious.“ Tommy Makern (Folksänger)


Historische Zusammenhänge (I): Koloniale Unterordnung

Kennzeichnend für die Geschichte Irlands ist das Einbezogensein in den Prozeß der Durchsetzung des Kapitalverhältnisses in England. Mit der zweiten Eroberung Irlands 1652 unter Cromwell, die infolge des ersten irisch-katholischen Aufstandes notwendig wurde, der die Rückkehr zu einem Gesellschaftssystem feudal-katholischer Prägung anstrebte, nahm dieser Einbezug erste Form als koloniale Unterordnung an. Alle Versuche, das eroberte irische Territorium dem englischen Staatswesen zu assimilieren, scheiterten, wie auch alle Bemühungen, Irland durch englische Besiedlung dauerhaft niederzuhalten. Nur in den nördlichen Teilen zeitigten Siedlungsversuche Erfolge, wo sich schottische Siedler niedergelassen hatten,

„die durch die Motive der bürgerlichen Produktion bestimmt, Waren produzieren wollten von Gesichtspunkten aus, die von vornherein nicht durch das Produkt, sondern durch den Verkauf des Produkts bestimmt waren.“ (Karl Marx, Theorien über den Mehrwert, MEW 26. 2., S. 238).

Eine Verallgemeinerung der Warenproduktion jedoch, die auch das Arbeitsvermögen erfaßt hätte, fand nicht statt. Außer den Ansätzen im Norden Irlands, einer ersten Voraussetzung für die Herausbildung kapitalistischer Produktion, und punktuell im Süden entstanden kaum Manufakturen. Aus dem Scheitern der englischen Ansiedlungspolitik resultierte vielmehr, daß einer im Kern unangetasteten vorbürgerlichen Produktionsweise eine Aristokratie von Großgrundbesitzern aufgepfropft wurde. Die irischen Bauern wurden zu Pächtern, meist nur am Rand barer Subsistenz vegetierend, eine Entwicklung, die eine Verwandlung des Arbeitsvermögens in Ware auf großer Stufenleiter unmöglich machte. Ein Gegenübertreten derer, die über die gegenständlichen Bedingungen der Arbeit verfügen, und derer, die als einziges Mittel ihrer Reproduktion die Verausgabung ihres Arbeitsvermögens haben, war so gerade durch das Beibehalten der ökonomischen Struktur der aufgelösten feudalen Gesellschaft verhindert. Was durch die Beschlagnahmung nahezu der gesamten agrarisch nutzbaren Landfläche durch in England lebende Großgrundbesitzer (nur ein Siebtel blieb in katholisch-irischem Besitz) seit dem Ende des 17. Jahrhunderts geschaffen wurde, war die formelle Herausbildung des modernen, d. h. der kapitalistischen Produktion entsprechenden Grundeigentums – formell deshalb, weil die Pächter keine kapitalistischen, sondern bloße Bauern waren und die Art ihrer Bewirtschaftung keiner kapitalistischen entsprach.

Die koloniale Unterordnung machte Irland zum Mittel der Kapitalakkumulation in England. Nicht nur nahm Irland einzig die Form eines Nahrungsmittellieferanten an, dem aufgeherrscht wurde, welche Agrarprodukte zu liefern waren (durch englische Gesetze, die die Ansprüche der Grundbesitzer in England reflektierten), nicht nur wurde Irlands Stellung als Kolonie so zum beschleunigenden Moment der Freisetzung der englischen Landbevölkerung; sondern das koloniale Abhängigkeitsverhältnis zeigte sich auch noch darin, daß im Warenaustausch mit England mehr gegenständliche Arbeit in natura gegeben wurde als Irland an Waren erhielt. Dieses über das politische Gewaltverhältnis angeeignete Mehrprodukt beschleunigte die Akkumulation der englischen Kapitale.


II. Die Annexion der irischen Industrie

Der Einbezug in die kapitalistischen Produktionsweisen, befördert durch das Übergehen der staatlichen Gewalt an England, brachte mit sich, daß alle entstehenden Manufakturen in Irland, insbesondere die Wollmanufaktur, durch englische gesetzliche Regulierungen nach 1698 zerstört wurden.. Den aus der sich in England durchsetzenden Gesellschaft der freien Konkurrenz erwachsenden Ansprüchen, die Konkurrenzbedingungen durch das Protektionssystem, durch die Erhebung von Schutzzöllen zu sichern, kam der entstehende englische Staat dergestalt nach, daß er alle irische Industrie auf den Binnenmarkt beschränkte, der infolge der Subsistenz-Pachtwirtschaft kaum entwickelt war. Einzig ausgenommen blieb die Leinenindustrie in Ulster, die sich auf der Basis des Verlagssystems im 18. Jahrhundert weiter entwickeln konnte.

Diese unterschiedliche Stellung des englischen Staates zur Beschränkung der Konkurrenz irischer Manufakturen drückt selbst noch eine Besonderheit des entstehenden bürgerlichen Staates in England aus. Sie verdankt sich dessen Gestalt als abstrakter Allgemeinheit, der seiner eigenen Heraussetzung aus dem ,,alten überirdischen Staat“ gegenüber widersprüchlich, noch an die protestantische Religion gebunden blieb als Ausdruck der Freiheit der konkurrierenden Privatsubjekte. Freiheit und anglikanischer Protestantismus hingen noch aneinander als bestimmendes des englischen Staatsbürgers; und diese Bestimmtheit zog die Trennungslinie zwischen Bürger und unterworfenem Untertan, dessen andere, katholische Religion ihn von allen bürgerlichen Rechten ausschloß. Daß sich aber die Differenzierungslinie in Irland nicht (noch nicht, wenngleich derart schon angelegt) als regionale Differenzierung ziehen ließ, erwies sich in der Gegensätzlichkeit der anglo-protestantischen Kolonie in Irland und der englischen Nation, ein Konflikt, der bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts aber überschattet blieb vom Gegensatz anglo-irische Kolonie – irische Nation.

In aller Schärfe wurde durch den Strafkodex gegen Katholiken, der vom anglo-irischen Parlament in Dublin, der kolonialen Instanz des Allgemeinen, mit der Billigung des britischen Parlaments ausgearbeitet wurde, der anglikanische Protestantismus zur Identität des englischen Bürgers in Irland gemacht. Katholiken verloren die Rechtsfähigkeit; der Anglikanismus wurde selbst zu einem Rechtstitel auf Grundeigentum. Die Unterdrückung der katholischen Religion verstärkte deren Rolle als Gemeinsames der unterdrückten irischen Bevölkerung, so daß die Macht der katholischen Geistlichkeit über das irische Volk zunahm.


III. Der Einfluß der bürgerlichen Revolutionen im 18. Jahrhundert

Jene bürgerliche Revolution, die „die Sturmglocke für die europäische Mittelklasse läutete“, bildet auch den „ersten großen Wendepunkt in der irischen Geschichte“ (Karl Marx). Der erfolgreiche Kampf der amerikanischen Kolonien um ihre Selbständigkeit bot einen wesentlichen Hebel für die anglo-irische Bourgeoisie, Konzessionen von England zu erzwingen. Ziel in der Auseinandersetzung zwischen der anglo-irischen Kolonie und Großbritannien war die Durchsetzung der Gesellschaft der freien Konkurrenz auch in Irland, und machte sich geltend in den Forderungen nach legislativer Selbständigkeit und nach der Aufhebung aller wirtschaftseinschränkenden Gesetze, ein Programm, das mit der „Verfassung“ von 1782 erreicht war.

Die mit dem ersten bürgerlichen Lösungsversuch der irisch-nationalen Frage verbundene Agitation ließ sich nicht abtrennen von der Frage der Religionsunterschiede; denn schon in der Forderung nach Durchsetzung der bürgerlichen Gesellschaft, die auf der wechselseitigen Anerkennung ihrer konkurrierenden Glieder beruht, lag die Reduktion aller religiösen Unterschiede auf die subjektive Angelegenheit der Privatsubjekte: religiöse Toleranz taucht so auch im Katalog der bürgerlichen Menschenrechte im 18. Jahrhundert auf. Mit dem Bemühen um nationale Selbständigkeit wurde der Strafkodex gegen Katholiken gemildert, den Katholiken, sofern sie Besitzende waren, das Wahlrecht gewährt, während sie jedoch vom Recht, in das irische Parlament gewählt zu werden, ausgeschlossen blieben. Die Widersprüchlichkeit in der Zubilligung bürgerlicher Rechte für Katholiken wurde von radikalen Teilen der anglo-irischen Bourgeoisie aufgegriffen, die die völlige Loslösung von England mit der gleichzeitigen Emanzipation aller Bürger von der Religionsschranke verbinden wollten,

„auf daß Religion nicht länger mehr zu einem Instrument gemacht werden kann, durch welches die irische Nation geteilt, versklavt und erniedrigt wird“,

wie ein Mitglied dieses radikalen Flügels der Bourgeoisie, der „Vereinigten Iren“ schrieb. Sie versuchten, ausgehend von den Ideen der französischen Revolution, den Pauperismus der irischen Bauern zum Mittel der Errichtung einer bürgerlichen Demokratie zu machen. Der Aufstand von 1798 aber zeigte, daß die irischen Bauern dafür „nicht reif“ waren (Karl Marx). Gegen diesen Versuch der bürgerlichen Revolution bildeten sich radikal-protestantische Vereinigungen, die militant die Vorherrschaft der Protestanten sichern wollten und mit Terror gegen die katholischen Bauern vorgingen. Unmittelbare Folge der gescheiterten bürgerlichen Revolution und der Vertiefung der religiösen Gegensätze war die Vereinigung der legislativen Organe und des Zollsystems von Großbritannien und Irlands, die Union von 1800, die den Kampf zwischen Anglo-Iren und Engländern beendete. Erst 1829 wurden durch eine britische Wahlrechtsreform zumindest die religiösen Gründe für die Einschränkung der bürgerlichen Rechte aufgehoben.


IV. Die Grundlage der religiösen Zwistigkeiten

Als Staatsbürger stehen die Privatsubjekte zueinander in der Form der Gleichheit, in der von aller weiteren Bestimmtheit abstrahiert ist, sie einzig die Gestalt des freien Willens angenommen haben. Dieser Sachverhalt, als Citoyen ohne weitere Bestimmtheit, bloßer abstrakt freier Wille zu sein, ist in der Herausbildung des englischen bürgerlichen Staates an zweierlei gekoppelt:

(1) einmal an das Herauslösen aus dem alten überirdischen Staat, dessen religiöser „Widerschein“ einer Gesellschaft persönlicher Abhängigkeitsverhältnisse, unmittelbarer Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen entsprach. Dagegen bildet der Protestantismus, der die prinzipielle Gleichheit der allein ihrem Gewissen verantwortlichen Subjekte vor Gott auch in seinem Ritual und seinen Institutionen ausdrückt, die adäquate Religionsform für eine Gesellschaft von Warenproduzenten,

„deren allgemeines gesellschaftliches Produktionsverhältnis darin besteht, sich zu ihren Produkten als Waren, also als Werten, zu verhalten und in dieser sachlichen Form ihre Privatarbeiten aufeinander zu beziehen als gleiche menschliche Arbeit.“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd. I, S. 93 MEW 23)

Ist dieser Kultus des abstrakten Menschen die erste Form der Freisetzung der Privatsubjekte als abstrakt-freier Wille, so muß alle religiöse Bestimmtheit des Privatsubjektes, die nicht dessen Privatsache ist, als Mangel an dieser Freisetzung scheinen.

(2) Das Verhältnis der Bürger zum Staat ist eines von Rechten und Pflichten, von Rechten insofern, als der Staat, der Garant des Ganzen, die Freiheit der Bürger zum Inhalt seiner Tätigkeiten hat, von Pflichten insofern, als sie dem Staat gerade um der Erhaltung ihrer bürgerlichen Freiheit willen Zugeständnisse machen müssen, deren Rahmen die Gesetze markieren. Das heißt, sie müssen sich zu einem Glied des Ganzen bilden. Indem sie sich in den Zusammenhang des Ganzen stellen, ihr Handeln als Staatsbürger auf allgemeine Weise bestimmen, erkennen sie das Tun der jeweiligen Träger der Staatsmacht an, heißen deren Maßnahmen gut. Dieses Moment der Billigung beinhaltet allein die Anerkennung der staatlichen Autorität, nicht die Aufgabe des subjektiven Willens.

Die Autorität des Staates wird gefährdet, weil das Vergleichen von Partikularem, von Privatsache, und dem, was von Staats wegen zu sein hat, nicht nur theoretisch sein kann, damit aber die Anerkennung der staatlichen Autorität infrage gestellt ist. Alle Angst im frühen bürgerlichen Staat in England vor einer katholischen Verschwörung, vom Umsturz der Verfassung durch Katholiken zehrt davon, daß die Einschätzung des staatlichen Handelns bei diesen Bürgern aufgrund ihrer Religion eine sein müßte, die nicht nur eine bloße Meinung darstellt, sondern aktiv werden würde. Die Katholische Kirche stellte so eine Autorität dar, die, da sie unbedingte Unterwerfung unter ihre Autorität von den Katholiken verlangte, in Rivalität zur Anerkennung der staatlichen Autorität trat. Alle Priesterbetrugsthesen, insbesondere deren radikale Ausformulierung in der französischen Aufklärung, greifen dieses Moment auf, daß katholische „Gläubige“ gerade ihr Handeln nicht aus sich bestimmen, sich als citoyen gerade nicht als abstrakt freier Wille verhalten, sondern sich den Machenschaften der Priester unterwerfen. Der Bezug eines Bürgers der an die „weltliche“ Autorität der katholischen Kirche gebunden ist, kann somit einer sein, in dem neben das Moment der theoretischen Distanzierung vom staatlichen Handeln auch deren Praktischwerden treten kann.


Einschub: Religion und Herausbildung des Staates

Ist damit das Verhältnis zwischen bürgerlichem Staat und Religion überhaupt angesprochen, das das Zurückweichen religiöser Bestimmtheit zur bloßen Angelegenheit des Privatsubjektes verlangt (oder dieses Verhältnis durch von allen anerkannte Gesetzgebung oder Verträge regelt), so steckt in der Gegensätzlichkeit religiöser Konfessionen, wie sie für die Geschichte Irlands kennzeichnend ist, ein Mangel in der Ausbildung des irischen Staates. War der Protestantismus in seiner anglikanischen Form im englischen Staat noch ein Moment, das sich dessen Herausbildung verdankte, so zeigt das Bleiben religiöser Antagonismen in Irland einen bleibenden Mangel in allen Formen irischer Staatlichkeit.

Daß religiöse Unterschiede bestimmend bleiben, drückt demnach aus, daß sich in Irland kein Staat als bürgerlicher realisiert hat, Da eine spezifische Religion als bestimmte Allgemeinheit zur Identität des „Staatswesens“ gehört, wie im Falle der anglo-irischen Kolonie der Anglikanismus, oder im heutigen Nordirland der Protestantismus in allen seinen Schattierungen, so geraten die Subjekte, die ein anderes religiöses Bekenntnis haben, in Gegensatz zu diesem Staat, der „Theologe ex professio“ ist (vergl. zu diesem Sachverhalt die Schrift „Zur Judenfrage“ von Karl Marx, MEW 1). Diese Gegensätzlichkeit verdankt sich der Tatsache, daß zu der vom Bürger erheischten Anerkennung des staatlichen Handeln, des Staates als seines Staates die Billigung der Verknüpfung mit einer bestimmten Religion gehört. Der Mangel in der Herausbildung des Staates wird so im Bezug auf die Bürger anderer religiöser Konfession zu deren Mangel /selbst (Noch nach der Teilung Irlands 1921 in die Republik und in Nordirland gab dieser Umstand im Norden die Grundlage ab, den Katholiken die bürgerlichen Rechte zu beschränken).

Während der Periode der kolonialen Unterordnung, die ja gerade die Existenz eines irischen Staates ausschloß und somit die Unterentwickeltheit einer Gesellschaft der freien Konkurrenz in Irland erwies, mußten die Anglo-Iren gerade als Subjekte, die dem britischen Bürger entsprachen und ihre Identität in der „british liberty“ sahen, das Recht gegenüber dem britischen Staat geltend machen, daß ihre Freiheit verwirklicht werde: ihre Identität als Anglikaner gegenüber den Katholiken im 18. Jahrhundert duldeten anzuerkennen sei.

Die Auflösung der im Rahmen kolonialer Abhängigkeit bestehenden Eigenständigkeit stellt unter dem Einfluß des Versuchs, eine bürgerliche Revolution durchzuführen, allein die konsequente Sicherung der Freiheit der anglo-irischen Bürger durch den englischen Staat dar. Daß zum Leidwesen der Protestanten sich nach der Errichtung der Union die Ausdehnung aller bürgerlichen Rechte auf Katholiken nicht verhindern ließ, hängt mit dem völligen Einbezug Irlands in den englischen Staat zusammen. Nachdem aber die Assimilation Irlands in den größeren englischen Staat nicht gelang, mußte dieses in der Union enthaltene Scheitern auch die religiösen Antagonismen aufrecht erhalten.

In den nationalistischen Bestrebungen der katholischen Iren im 19. Jahrhundert kommt jenes Moment der Gegensätzlichkeit und religiösen Bestimmtheit heraus, das einen Mangel in der Anerkennung des Tuns des Staates reflektiert: repressive Gesetze einerseits und katholisch-nationalistische Agitation andererseits, an der sich selbst noch ökonomische Bedingtheiten ausdrücken, nämlich die Pauperisierung der Landbevölkerung, fallen demgemäß auch zusammen; repressive Gesetze insofern, als der Staat versucht, gewaltsam die Anerkennung seiner Gesetze zu erzwingen, aus dem Imperativ seines Fortbestandes, in diesem Falle der Union, heraus.

Gleichermaßen lösen diese Entwicklungen Gegenschläge der Protestanten aus, speziell im Norden, wo die Abhängigkeit der nordirischen Industrie vom englischen vermittelnde Dazwischentreten des englischen Staates in der Expansion des Marktes über die nationalen Grenzen hinaus die Union zur Lebensfrage machten. War in der kurzen Periode der legislativen Unabhängigkeit zwischen 1782 und 1800 der irischen Manufaktur überhaupt die Möglichkeit einer Entfaltung geboten, so wurde durch die Union und die damit erfolgende uneingeschränkte Einbeziehung in die Konkurrenz der britischen Kapitale diese Entwicklung völlig vernichtet, mit der Ausnahme der Ulsterregion; sodaß zu sagen ist,

„sooft Irland also auf dem Punkt (war), sich industriell zu entwickeln, wurde es niedergeworfen und in (ein) bloß agrikoles Land zurückverwandelt“ (Karl Marx, MEW 16, S. 451).

Dagegen blieb die Leinenindustrie in Ulster, Ausdruck einer regionalen Zentralisierung und Spezialisierung, die einer regionalen Teilung der Arbeit entsprach, konkurrenzfähig, ja zerstörte im Laufe des 19. Jahrhunderts ihre englischen Konkurrenten und öffnete damit den Weg zu einer weiteren Industrialisierung dieser Region die Verschärfung der religiösen Antagonismen und ihr Zusammenfallen mit einer regionalen Differenzierung zwischen Norden und Süden in Irland verwiesen auf den unterschiedlichen Grad des Angewiesenseins auf die Union mit England.


V. Die irische Landfrage

Die Struktur der irischen Gesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert war großteils durch das Überwiegen der agrarischen Produktion bestimmt (ein Moment, das bis heute für die Republik Irlands bestimmend bleibt), sodaß der Satz galt: „Land ist Leben“. Durch die Monopolisierung des Bodens in den Händen einer Aristokratie von Großgrundbesitzern hatten die irischen Bauern keine andere Wahl als das „Land zu jeder beliebigen Rente zu nehmen oder den Hungertod zu sterben.“ Folge war ein „System von Wucherpachten“ (Marx, MEW, 16, S, 451), was vermittelt über die Konkurrenz der Pächter untereinander, darin resultierte, daß die gezahlte Pacht nicht nur einen Teil des Profits des Pächters absorbierte,

„d. h. seiner eigenen Mehrarbeit, auf die er als Inhaber seiner eigenen Arbeitsinstrumente ein Recht hat, sondern auch ein Teil des normalen Arbeitslohns, den er unter anderen Umständen für dieselbe Arbeitsmenge erhalten würde“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd. III, MEW 25, S. 638 ff.)

Diese Zwangslage der Pächter, die den Grundherrn die uneingeschränkte Möglichkeit bot,, seinen Zweck, möglichst viel Pacht zu erhalten, gegen den des Pächters, dessen Reproduktion, durchzusetzen, ermöglichte den Grundbesitzern, sich

„nicht nur die Arbeit, sondern auch das Kapital ganzer Generationen“ anzueignen, sodaß „jede Generation der irischen Bauern ... auf der sozialen Stufenleiter eine Stufe tiefer (sank), genau in dem Verhältnis zu den Mühen und Opfern, die von ihnen für die Hebung ihrer Lebensverhältnisse“ gebracht worden waren (Karl Marx, Das irische Pachtrecht, 1853. MEW 9, S. 157–8)

Die Unwirtschaftlichkeit dieses Systems versuchten die Grundbesitzer so durch die extremste Auspressung der Landbevölkerung auszugleichen, was zu deren völligen Pauperisierung führte. Folge waren periodische Hungersnöte. Tausende wanderten nach Amerika aus. Der Prozeß der Umwandlung der kleinen Pachten in große Güter, der schon vor den Hungerjahren durch die Vertreibung von Pächtern begonnen hatte, setzte sich auf großer Stufenleiter fort, hob damit die Schranke auf, denen der irische Grundbesitz noch unterlag. Irland wurde in einen

„englischen Agrikulturdistrikt verwandelt, der von England durch einen breiten Wassergraben getrennt war“ (Marx, MEW 16, S. 442).

Durch die Verwandlung der irischen Landwirtschaft von Getreideanbau zu Viehzucht ließ sich die Unwirtschaftlichkeit des alten Systems aufheben, denn obwohl die Bevölkerung gefallen war, steigen Grundrente und Pachtprofite:

„Der Grund ist leicht verständlich. Einerseits verwandelte sich mit der Zusammenwerfung der Pachtungen und der Verwandlung von Ackerland in Viehweide ein größerer Teil des Gesamtprodukts in Mehrprodukt. Das Mehrprodukt wuchs, obgleich das Gesamtprodukt, wovon es einen Bruchteil bildet, abnahm. Andererseits stieg der Geldwert dieses Mehrprodukts noch rascher als seine Masse, infolge der seit den letzten 20 Jahren (1867!) und ganz besonders seit den letzten 10 Jahren steigenden englischen Marktpreis für Fleisch, Wolle usw.
Zersplitterte Produktionsmittel, die den Produzenten selbst als Beschäftigungs- und Subsistenzmittel dienen, ohne sich durch Einverleibung fremder Arbeit zu verwerten, sind ebenso wenig Kapital, als das von eigenen Produzenten verzehrte Produkt Ware ist. Wenn mit der Volksmasse auch die Masse der in der Agrikultur angewandten Produktionsmittel abnahm, so nahm die Masse des in ihr angewandten Kapitals zu, weil ein Teil der früher zersplitterten Produktionsmittel in Kapital verwandelt ward.“ (Marx, Das Kapital, Bd. 1, S. 731)

Die Veränderung in der Landwirtschaft schufen eine große relative Überbevölkerung, die mehr als Schritt hielt mit der Auswanderung, d. h. der absoluten Entvölkerung. Die irischen Bauern wurden in ganz anderem Umfang als vor den Hungerjahren

„von der Konkurrenz des kapitalistisch betriebenen Ackerbaus erdrückt und lieferten daher der Klasse der Lohnarbeiter beständig neue Rekruten.“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd. I, S. 732),

die aber nicht zu Fabrikarbeitern wurden infolge der geringen industriellen Entwicklung Irlands, sondern zu pauperisierten landwirtschaftlichen Gelegenheitsarbeitern. Die desolate Lage der so pauperisierten Landbevölkerung, die eine riesige Reservearmee bildete (für die britische Industrie), stellte die Grundlage für die terroristische Tradition der irischen Arbeiterbewegung.


Mord und Totschlag als letzter Ausweg?

War es zunächst die Unmöglichkeit für die irischen Bauern, sich gegen diesen Prozeß der Pauperisierung zu wehren, der Morde an den Landlords als einziges Mittel des Widerstandes gelten ließ, so war es nach den Hungerjahren der Mangel in den Maßnahmen des britischen Staates, dessen kompensatorisches Wirken sein Scheitern schon enthielt, weil es das Grundeigentum unangetastet sein lassen mußte, schon allein aus dem Umstand heraus, daß der Staat die Sicherheit des Eigentums garantiert. Obgleich die britische Regierung auf den agrarischen Terrorismus mit Zwangsgesetzen reagierte, verschärfte sich dieser. Den Grund dafür nannte Engels 1870:

„Die agrarischen Morde in Irland sind nicht zu unterdrücken, weil und solange sie das einzige wirksame Mittel gegen die Ausrottung des Volkes durch die Landlords sind. Sie helfen, darum dauern sie fort und werden dauern trotz aller Zwangsgesetze. Quantitativ schwanken sie wie alle sozialen Erscheinungen; sie können sogar unter Umständen epidemisch werden, wo sie bei ganz unbedeutenden Gelegenheiten vorkommen. Die Epidemie ist zu unterdrücken. aber die Krankheit selbst nicht.“ (Friedrich Engels, MEW 16, S. 500)

Die allgemeine Krisenhaftigkeit der irischen Gesellschaft ließ die irisch-katholische Bourgeoisie die nationale Frage wieder stellen, insofern als Scheitern aller Reformversuche als mangelnde Reflexion des britischen Staates auf das Allgemeinwohl des irischen Staats auf das Allgemeinwohl des irischen Volkes erschien. Die Selbständigkeit im Verbund mit Großbritannien galt als einzige Lösung, um den irischen Schwierigkeiten zu begegnen. Die Gegensätzlichkeit zu England, aufseiten der Bauern infolge ihrer Pauperisierung, aufseiten der katholischen Bourgeoisie die relative Behinderung ihrer Konkurrenzbedingungen durch die Reduktion Irlands zu einem bloßen Agrikulturdistrikt, war das Gemeinsame der katholischen Iren im Kampf um die Durchsetzung der eigenen Nationalität. In der Landfrage wurde 1903 durch diese Gemeinsamkeit eine endgültige Lösung erzielt, die aber nur den Mangel reflektierte, der in der einseitigen Agrarstruktur Irlands lag. Die Entwicklung anderer überseeischer Regionen zum Nahrungsmittellieferanten für England verschlechterte die Konkurrenzbedingungen für das in der irischen Landwirtschaft angelegte Kapital, sodaß die Umwandlung des Großgrundbesitzes in Parzelleneigentum nach 1890 über eine Landreform gerade dem Anspruch auf staatliche Hilfe nachkam. Der britische Staat als einer, der die Verfolgung der besonderen Interessen seiner Bürger ermöglichen soll, griff somit kompensatorisch ein, indem er über den Mechanismus der Staatsverschuldung die Finanzmittel bereitstellte, die die Liquidierung des englischen Grundeigentums in Irland ermöglichte: eine Freisetzung des gebundenen Kapitals für günstigere Anlagesphären.


Die Teilung Irlands: der Mangel in der Ausbildung des irischen Staates

Wenn auch der gewaltsame Versuch der katholisch-irischen Bourgeoisie in „Easter Rising“ 1916 durch eine Loslösung von England gleichzeitig auch. die Durchsetzung der bürgerlichen Revolution in Irland zu erzwingen, erfolglos blieb, mußte England 1921 doch die Gründung zweier Staatswesen, vertraglich fixiert im „Government of Ireland Act“, in Irland akzeptieren. Die alte Gegensätzlichkeit der anglo-protestantischen Kolonie in Irland und der irischen Nation, erhielt jetzt eine staatliche Ausformung in einem aus 26 counties bestehenden Freistaat im Süden, weiterhin Mitglied des britischen Empire, und einem nordirischen Staat (6 counties), dessen enge Bindung an London als autonome Provinz des United Kingdom gesichert blieb. Wichtige Kompetenzen wie die Außen-, Handels- und Sicherheitspolitik, ursprünglich laut Vertrag allein dem englischen Parlament vorbehalten, mußte London unter dem Eindruck des weiter anhaltenden Bürgerkriegs zwischen der englischen Verwaltung und den Republikanern schließlich ebenfalls an den Freistaat abtreten. Der nordirische Staat Ulster erhielt ein eigenes Parlament, dem nur die Gesetzgebung in Fragen der Landwirtschaft, des Binnenhandels, der Kommunalverwaltung einschließlich Polizei und Gerichtsbarkeit oblag.

Charakteristisch für beide Staatswesen ist bis heute die mangelhafte Durchsetzung der Konkurrenzgesellschaft. Blieb im Freistaat die Macht der katholischen Geistlichkeit über die irische Bevölkerung erhalten, was sich in einer permanenten Rivalität zwischen katholischer Kirche und staatlicher Autorität ausdrückte, so ist es in der Ulster Provinz der Protestantismus als religiöse Konfession, die einer Mehrheit von Bürgern dieses Staatswesens ihre Identität sichert und gleichzeitig die katholische Minderheit zu Bürgern zweiter Klasse degradiert. Die vom Freistaat eingeleitete staatliche Wirtschaftspolitik mit dem Ziel einer autonomen kapitalistischen Entwicklung zeitigte bis heute nur Teilerfolge. Vorrangige Ansatzpunkte waren die Beseitigung des hohen Außenhandelsdefizits, die Arbeitslosigkeit und die Emigration und sind es trotz vielseitiger Bemühungen bis heute geblieben. Ein großangelegtes Elektrifizierungsprogramm am Shannon, die Übernahme einzelner .Industriezweige (z. B. Zuckerindustrie in staatliche Regie und eine Bodenreform, bei der die enteigneten englischen Gutsbesitzer zunächst finanziell entschädigt wurden, führten alsbald zu hohen Haushaltsdefiziten. Als man 1932 die Entschädigungszahlungen einstellte und im Interesse der nationalen Bourgeoisie ausländische Industrieprodukte mit hohen Importzöllen belegte, antwortete England im Gegenzug ebenfalls mit Importzöllen auf irische Agrarprodukte, der einzigen Exportquelle des Freistaats. Ein über sechs Jahre dauernder Handelskrieg zwischen beiden Ländern führte zu einem starken Rückgang der Agrarproduktion. Das Ziel, sich durch neue Absatzmärkte von der wirtschaftlichen Abhängigkeit von England zu lösen, wurde nicht erreicht.

Angesichts des Scheitern der Autarkie- und Schutzzollpolitik der Vergangenheit folgt der Freistaat seit Anfang der 60er Jahre im Rahmen von 5-Jahresplänen in der Wirtschaftspolitik einem neuen Konzept: durch erhebliche Aufwendungen in der Infrastruktur und ein ganzes Bündel von Vergünstigungen für ausländisches Kapital soll die Industrialisierung vorangetrieben werden, die die nationale Bourgeoisie aus eigener Kraft nicht geschafft hatte.

Zu den gleichen Maßnahmen greift auch die Ulster Provinz, die allerdings als integrierter Teil des britischen Staatswesens aufgrund frühzeitiger Industrialisierung und traditioneller Absatzmärkte über weitaus günstigere Voraussetzungen verfügt.


Der Unionismus im Norden

Größeren Anteil an der Verschärfung der bestehenden religiösen Antagonismen in der Ulster Provinz haben religiöse Geheimbünde (Orange Order), ehemalige Schutzorganisationen protestantischer Landeigentümer, die sich mit Einsetzen der Landflucht infolge der Industrialisierung in den Städten unter dem Einfluß der lokalen Kleinbourgeoisie zu konfessionell ständischen Zentren des politisch kulturellen Leben herausbilden. Als Reaktion auf nationalistische Bestrebungen der katholischen Iren sehen sie ihre Aufgabe darin, durch Aktualisierung historischer Gemeinsamkeiten, durch Wachhalten der Angst vor einer papistischen Verschwörung („home rule is Rome rule“ – als solche mußte ihnen auch die Zugehörigkeit der katholischen Konfession zum Begriff des Freistaats erscheinen) in der protestantischen Bevölkerung die Idee einer notwendigen Schicksalsgemeinschaft gegen die Katholiken lebendig zu halten. Bezeichnenderweise hat dieses konfessionell gebundene, ständische Gedankengut Resonanz gefunden in allen Klassen des protestantischen Teils der Gesellschaft. Hinzu kommt, daß die tatsächlich gegebene soziale Besserstellung der Protestanten ebenso wie die bloße Vorstellung vom Vorhandensein solcher Vorteile den Zusammenhalt förderte. Insofern findet auch das Phänomen, daß eine „Volkspartei“ wie die Unionist Party seit 50 Jahren unangefochten die Regierungsmehrheit stellen konnte, eine Erklärung.

Die Widersprüchlichkeit in der Gewährung bürgerlicher Rechte an Katholiken drückt sich in einem ganzen Bündel von Maßnahmen aus, die nur den Anhängern der protestantischen Konfession ihre volle Identität als Staatsbürger garantieren soll. „Business Vote“, Regelungen, die der anglo-irischen Bourgeoisie bei Wahlen je nach Steueraufkommen bis zu vier Stimmen verschafften, ein Zensuswahlrecht, das bei Gemeindewahlen den Nachweis von Hauseigentum oder Wohnungsbesitz zur Voraussetzung der Teilnahme machte und eine für Protestanten günstigere Aufteilung der Wahlbezirke (Gerrymandering) sicherten den Unionisten Wahlerfolge, mit denen sie ihre Majorität auch durch repressive Notstandsgesetze (Special Power Acts) weiter ausbauen konnten.

Erst Mitte der 60er Jahre formiert sich in Gestalt einer hauptsächlich von der katholischen Mittelklasse getragenen Bürgerrechtsbewegung, aber auch unterstützt von Teilen der protestantischen Bevölkerung, ein ernstzunehmender Widerstand gegen die Diskriminierung. Die Durchsetzung bürgerlicher Freiheiten auch für den katholischen Bevölkerungsanteil, der Versuch einer Überwindung der religiösen Antagonismen, dem entscheidenden Mangel aller bisherigen Staatlichkeit in Irland in Irland, gelingt allerdings nur punktuell.
Der August 1968, an dem in Londonderry eine Demonstration der Bürgerrechtsbewegung von der Polizei auf blutigste Weise zerschlagen wird, markiert das Ende einer Phase gewaltloser Protestaktionen. Zwar gelingt es, einen Teil der Unionisten für eine Reformpolitik zu gewinnen, doch geht die Initiative von nun an verstärkt auf politische Gruppen über, die mittels militanter Aktionen glauben, ihren Forderungen Nachdruck verleihen zu können. An der Frage der Reformen zerbricht schließlich auch die Volkspartei der Unionisten. Nach einer Reihe von Abspaltungen geht ein Teil von ihr eine Koalition mit einer überkonfessionellen Labour Partei, der SDLP, ein.

Die irische republikanische Armee (IRA)

Die Tradition der republikanischen Bewegung in Irland zeichnet sich aus durch den jahrzehntelangen Freiheitskampf der Iren gegen die Herrschaft des britischen Imperialismus. Im Kampf gegen den gemeinsamen Feind stellte sich die Einheitlichkeit der „Bewegung“ her, die jedoch von den unterschiedlichen Interessen abstrahierte, die in ihr zusammengefaßt waren.

In die Jahre des Unabhängigkeitskrieges von 1916 bis 1921 fallen daher die Gründungen der I.R.A. als einer rein militärischen Organisation des Widerstandes und der Sinn Féin (Wir selbst) als die politische Organisation. Die nur partiell erreichte nationale Emanzipation (Freistaat Irland und Nordirland) führte zur Spaltung der republikanischen Bewegung in Gruppen, die in dem erreichten Kompromiß mit England ihre Interessen endlich gesichert sahen und in vorallem linksstehende Gruppen, die fortan, organisiert in der I. R. A., für eine vollständige politische und ökonomische Unabhängigkeit Irlands von England kämpften. Während die „Sinn Fein“ als anerkannte Partei im Freistaat Irland eine legale Stellung einnahm, geriet die IRA in den folgenden Jahren in Widerspruch zum Gewaltmonopol des irischen Staates, der neben sich keine militärische Organisation dulden konnte, und wurde schließlich verboten, später sogar ihre Mitglieder verfolgt, eingesperrt und hingerichtet. Der weiterhin auf militärische Operationen beschränkte Widerstand der IRA richtete sich in der Folgezeit gegen die präsenten Formen britischen Imperialismus in Irland selber. Lag darin die Gefahr der Verselbständigung des Kampfes aus seinem politischen Zusammenhang mit der legalen „Sinn Fein“, so andrerseits die notwendige Tendenz zur Politisierung der IRA, die aus dem Verknüpfen von mangelhaft repräsentierten Interessen im südirischen Staatswesen mit dem Kampf gegen die bleibende Unterordnung unter England resultieren sollte.


Die neue Strategie der IRA

Den Katalysator in dem Prozeß der Umorientierung der IRA spielten die Erfahrungen, die die Organisation mit der militärischen Offensive in Nordirland in den Jahren 1956–62 machte. Um die republikanische Widerstandsbewegung „neu zu beleben“, nachdem sie als Folge von staatlichen Repressionen während des zweiten Weltkrieges zur Inaktivität gezwungen worden war, initiierte die IRA eine Bombenkampagne gegen zivile und militärische Einrichtungen der Briten in Nordirland. Das Scheitern dieser Kampagne löste eine Phase der Selbstreflexion aus: Ihre Einschätzung der Aktion nannte folgende Gründe als wesentlich für ihr Scheitern: 1. Die Passivität der „Massen des Volkes“; 2. Staatliche Unterdrückungsmaßnahmen im Norden und Süden (Zwar war die IRA in Irland verboten, so hing es doch vom politischen Kräfteverhältnis ab, ob sie unbehelligt blieb oder nicht); 3. Eine fehlende politische Konzeption, die auf eine mangelhafte theoretische Begründung ihrer Aktivitäten verwies. Die Konsequenzen, die die IRA aus den angestellten Reflexionen über die notwendigen Aufgaben und Perspektiven des Widerstandskampfes zog, äußerten sich unmittelbar in der Unterlassung bewaffneter Aktionen und politischer Arbeit unter der Bevölkerung. Die Unterstützung der nordirischen Bürgerrechtsbewegung ist dafür ein Indiz. Als im Jahre 1969 der gewaltlose Widerstand der nordirischen, katholischen Bevölkerung in Form von Demonstrationen für gleiche Rechte, Reformen, und von Mieterstreiks durch rechtsradikale Schlägertrupps der Protestanten, ideologisch aufgehetzt durch Pfaffen vom Schlage Ian Paisleys, und durch die nordirische Polizei niedergeknüppelt wurde, spaltete sich die IRA.


IRA (Official): Ein sozialistisches Programm oder „Modellvorstellung gesellschaftlicher Strategie“?

Die zu Anfang der siebziger Jahre herausgegebene „Programmatische Erklärung“ der IRA (Official) formuliert als strategisches Ziel ihres Kampfes die Errichtung einer „unabhängigen sozialistischen Republik“ auf irischem Boden. Dies beinhaltet für sie die „sozialistische Übernahme der Produktion, Distribution und des Austausches durch die Volksmassen“(!) oder formuliert in einer ihrer Parolen: „Wir beanspruchen den Besitz des Reichtums von Irland für das Volk von Irland“. Unter solchen Phrasen, die gerade die theoretische Analyse der IRA „qualifizieren“ sollen, kann man sich entweder viel oder gleich gar nichts vorstellen: Indem die Formbestimmungen der kapitalistischen Produktion und Distribution als diesen etwas äußerliches verstanden werden, gelangt man zu der Auffassung, daß bloß das Attribut kapitalistisch weggekürzt werden müsse, damit vom Volk alles übernommen werden könne. Damit wird der Kapitalismus für die IRA zu einer über-historischen Naturkonstante.

Damit aber die Übernahme nicht bloß eine Übernahme bleibt, spricht man ihr die Eigenschaft „sozialistisch zu sein“ ab. Was dahinter noch aufzuspüren ist, kann höchstens die unbestimmte Vorstellung sein, daß es im Sozialismus endlich gerecht zugehe. Die IRA stellt sich die Realisierung dieses Ziels so vor: Mittels der Aktivierung der „Massen des Volkes“ zu einem Widerstand auf der politischen, ökonomischen und militärischen Ebene hofft sie die reale „Emanzipation des irischen Volkes“ durchzusetzen und den Sieg über den Gegner zu erringen:

„Der totale Feind ist die Gesamtheit der Ausbeuter des irischen Volkes im Süden wie im Norden – Dies ist der britische Imperialismus, der Unionismus und das Freistaatentum.“

Wo Marx die Durchsetzung des Sozialismus als vermittelt über die Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise durch die Arbeiterklasse bestimmt, gerinnt dies in den Aussagen der IRA zu einem „Volkskampf“ gegen einen Feind, der als personifiziertes Unrecht alle möglichen Erscheinungsformen annimmt: als „privilegierte Minderheit, Spekulanten, Geldverleiher, Geschäftemacher, ausländische Finanziers, Monopolisten, Landlords und einheimische Kollaborateure“. Die Ursachen für Armut und Arbeitslosigkeit werden somit nicht mehr aus den Widersprüchen der kapitalistischen Produktionsweise erklärt, sondern die Konstatierung des unmittelbaren Gegensatzes von arm und reich als gesellschaftliches Phänomen genügt als Erklärungsschema.

(Dies erlaubt allerdings die einfache Umkehrung der Kausalbeziehung, was zu dem perversen Schluß führt, daß die Armut des Volkes schuld ist am Reichtum der „privilegierten Minderheit“). Die Untauglichkeit moralischer Kategorien wie Schuld und Unschuld, Recht und Unrecht, zur Klärung gesellschaftlicher Verhältnisse erweist sich somit von selber.

Was bleibt, ist pure Affirmation der „legitimen Interessen des Volkes“ und es ist nur noch eine Frage des Standpunktes, auf wessen Seite man sich schlägt. Der Kampf der IRA für die „Rechte des einfachen Mannes“ – eine explizite Absage an den Klassenkampf – erhält auf diese Weise den Charakter eines Volkskampfes“, eines „Freiheitskampfes“. Das Eintreten der IRA für die „Massen des Volkes“ muß die Frage hervorrufen, wen sie denn alles dazu zählen. Das sind dann die „Ausgebeuteten, die Arbeiter, die Arbeitslosen, die Kleinbauern, die Kleingewerbetreibenden, die Obdachlosen, die Protestanten, die Katholiken, Andersdenkende etc.“. Dies meint aber nichts anderes als die verschiedenen Interessengruppen, deren ideelle Gemeinsamkeit in dem Begriff Volk zum Ausdruck kommt. Da sich ihre Interessen innerhalb des von England direkt abhängigen nordirischen Gemeinwesens nur recht mangelhaft verwirklicht haben, finden sie ihre abstrakte Einheit in dem, was sie als Volk wollen: Beseitigung der englischen Herrschaft und Errichtung eines eigenen und einzigen irischen Staates.

Hierin wird feststellbar, was das eigentliche Ziel der IRA ist, selbst wenn sie dies nicht explizit aussprechen: die Errichtung eines demokratischen, irischen Staates, in dem das wichtigste Problem, die Verknüpfung von Religion und Politik, sich auflöst, und zur privaten Angelegenheit des einzelnen wird.

XSome men fight for silver
Xsome men fight for gold
Xbut the men from the IRA
Xfight for the land De Valera sold.

XLied der Sinn Fein

Wenn man also die programmatischen Aussagen der IRA zusammenfaßt, so erhält ihre Politik vor dem Hintergrund der irischen Situation die objektive Funktion revolutionär zu sein, eben in der Durchsetzung rechtsstaatlicher Verhältnisse, bürgerliche Freiheiten für alle Iren gleichermaßen und damit die Aufhebung aller religiösen Beschränktheit im irischen Staatswesen.

Daß sie keine sozialistische Organisation ist, tut dem keinen Abbruch. Allerdings enthebt dies nicht Kommunisten der Aufgabe, auch in einem demokratischen, irischen Staat den Klassenkampf bis zur Abschaffung des Kapitalismus und der Demokratie zu führen.

Daß die IRA als Ziel ihrer Politik die Errichtung einer „sozialistischen Republik“ angibt, entspringt ihrer mangelnden Einsicht in die kapitalistischen Verhältnisse. Sie verkennt, daß richtige kommunistische Politik für die Abschaffung des Kapitalismus als Ursache sozialer Ungerechtigkeiten kämpft, und von ihr die Durchsetzung demokratischer Verkehrsreformen nur als Voraussetzung, nie jedoch als letzter Zweck gewußt wird. (1)


Die „Provisionals“: An Irish Dream of Violence

Seamus Twomey, Belfaster Stabschef der IRA („Provisionals“):

„Die Zerstörung der imperialistischen und einheimischen bürgerlichen Wirtschaft stellt eine Seite des Klassenkampf in den Vordergrund: die Hinrichtung von Exponenten des für diese Wirtschaft verantwortlichen Regimes hebt eine andere hervor.“

Das Wahnhafte des Diktums ist Reflex der eingestandenen Ohnmacht:

„Fast alle Arbeiter (in Belfast) sind Protestanten und überzeugt, daß ihre einzige Sicherheit in der Verbindung mit England besteht … Würde sich einer von uns den Werften auch nur nähern, um Flugblätter zu verteilen, würde man ihn zu Tode prügeln.“

Auf den scheinbar undurchdringlichen Verblendungszusammenhang, der das protestantische Proletariat Ulsters fortlaufend im Bann einer religiösen Identität beläßt, gerade verhindert, daß Klassenkampf stattfindet und stattdessen die Geschichte machende Klasse motiviert, sich selbst zu negieren und als „protestantisches Volk von Ulster“ Spielball in den Händen der herrschenden Klasse Nordirlands zu bleiben, reagieren die „Provisionals“ mit Mord, und Totschlag gegen die gleichen, die Adressaten ihrer Politik sein müßten und in offiziellen Verlautbarungen auch sind.

Wenn sie von Klassenkampf reden, so machen sie ihn zur Karikatur, wenn er sein Ziel in der Herstellung der Nation finden soll:

„Wir kämpfen nicht um die Vorherrschaft eines Glaubens über den anderen, sondern für das Leben und den Geist der Nation.“

Im Wunsch, die Arbeiter sollten alle ihre ökonomisch-sozialen Bestimmungen abstreifen und als Nation Geschichte machen, stehen die „Provisionals“ dem Faschismus näher als der revolutionären Theorie von Marx, Engels und Lenin und die Berufung auf sie wird zur Fälschung. Gewalt, die nicht den Ursprung der Gewalt in den antagonistischen Klassenverhältnissen selbst aufheben will, ist notwendig regressiv und evoziert immer neue Regression. Der Irish Dream of Violence, den die Strategen der Provisionals mittlerweile ins folkloristische erhöht haben (zahllose Songs künden von den Heldentaten der IRA-Kämpfer) ist längst zum Alptraum geworden: nur blinder Aktionismus kann noch als Sieg feiern, wenn die Zentren von Belfast und Londonderry Trümmerstätten gleichen.


Nicht „die für diese Wirtschaft Verantwortlichen“ treffen die Bomben, was ihnen zumindest noch den Schein antikapitalistischer Politik verleihen könnte, wenngleich man den Kapitalismus nicht abschafft durch die Ausrottung der ihn exekutierenden Charaktermasken, sondern immer mehr diejenigen, die Subjekt der Revolution sein sollen, die unterdrückten Massen.

Wie blutiger Hohn wirkt der programmatische Satz der „Provisionals“, mit dem sie ihre Gewalt zur revolutionären stilisieren wollen:

„Unser Endziel ist die Schaffung einer aus den 32 Grafschaften zusammengesetzten sozialistischen Republik.“

Wer sich den Sozialismus als Ideal ausmalt, zu dessen Realisierung es nur gelte „die Provinzialregierung zu untergraben“, eine direkte Auseinandersetzung mit dem britischen Imperialismus (gemeint sind seine Soldaten) herbeizuführen, die Mittäterschaft der konservativen Führer der Republik zu entlarven“, der ignoriert selbstmörderisch die Gründe für die momentane Unmöglichkeit des Sozialismus in Irland: die fortwährende Verhinderung von Klassenbewußtsein bei den Proletariern durch seine Ersetzung mit religiösen Nebelschwaden und nationalistischen Vorstellungen. Hierin wird das Gefährliche an der Politik der „Provisionals“ offenkundig: die Orgie der Gewalt findet ihr Echo beim Terror der anderen Seite und ihre scheinbare Legitimation, denn der Nationalismus der einen Seite ruft den der anderen auf den Plan. Was als „Klassenkampf“ begann, entdeckt plötzlich „die tatsächliche Bedeutung des Begriffs »Nation«“ (die Provisionals in ihrer Programmatischen Erklärung) und kann nicht mehr verstehen, warum die unter den Nationbegriff subsumierten, sich mit dem von ihm vorgestellten nicht identifizieren können. Das Unverständnis provoziert den Haß und dessen Militantwerden stellt plötzlich jene Einheit her, von der die Provisionals nur träumen können: der protestantische Arbeiterrat organisiert die allseits beschworene Einheit der Klasse für chauvinistische Ziele und die „Provisionals“ sinnen auf eine Eskalation des Terrors inmitten einer Welt von Feinden.

In diesen beiden Sätzen, deren Inhalt – Herbeiführung einer nationalen unabhängigen irischen Republik durch den gewaltsamen Sturz des Staatsapparates in Ulster – in vielen Erklärungen und Interviews nurmehr paraphrasiert wird, liegt der grundsätzliche Fehler der Politik der Provisionals: Unfähig, sozialistische Politik als etwas über das Wunschdenken hinausreichende zu begreifen

„Unser Ziel ist es, dem Volk dieses Landes das Recht auf ein anständiges Leben zu gewährleisten“

– weiß sie nur ein Mittel der ihr gegenüberstehenden Realität zu begegnen: die Gewalt. So reduziert sich die inhaltliche Auseinandersetzung der Provisionals, geht sie über das Benennen des Gegners als „Imperialisten“ hinaus, auf zwei Gegenstände: Einmal die moralische und politische Legitimierung der Gewalt und zum anderen das dafür notwendige technische know how wie Waffenbeschaffung, Spionage etc. Von einer inhaltlichen Bestimmung ihrer Politik abzusehen und an deren Stelle einer Verknüpfung von irischen Volkstum und Staatlichkeit zu setzen – hat den Provisionals von den Officials den Vorwurf des Faschismus eingebracht. Wie weit bei den Provisionals die inhaltliche Auseinandersetzung pervertiert ist, zeigt, daß sie auf diesen Vorwurf mit einem Dementi antworten.

„Wir bestreiten ein für alle Mal jede politische Verwandtschaft mit den Großkapitalisten und Großgrundbesitzern der Fianna Fail (einer rechtsextremen Organisation), – die in der irischen Republik den britischen Imperialismus in einen einheimischen Kapitalismus umwandeln. In unserer Analyse werden die Regierenden der Republik als Hampelmänner und Vollstrecker der Londoner City entlarvt.“

Im Kontakt Kontext kommunistischer Politik haben Gewalt und Terror immer nur Mittelfunktion, wobei die Mangelhaftigkeit des Mittels immer bewußt bleibt: jede Heroisierung ja mythologische Überhöhung der Gewalt signalisiert einen Stellungswechsel von Mittel und Zweck.

Legitim und notwendig ist sie als Selbstschutz, bzw. als Mittel zur Schaffung von Voraussetzungen kommunistischer Politik. Diese durchsetzen kann sie erst, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, die den Gewaltapparat des bürgerlichen Staates selbst infragestellen können.

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Nachträgliche Bemerkungen im Jahr 2017:

(1) Dieser von den seinerzeitigen Autoren für wichtig erachtete und deshalb kursiv gesetzte Absatz vereint mehrere Elemente des moralisch-parteilichen Denkens, das viele Freunde der Arbeiterklasse auszeichnete: Einer mangelnden Einsicht kann nichts entspringen – aus einer Lücke kommt kein Inhalt. Die IRA „verkennt“ auch keine richtige kommunistische Politik, sie hat anderes vor, damals wie heute. Wer schließlich den Kapitalismus als „Ursache sozialer Ungerechtigkeit“ begreift, hat selber Marx Kapitalismuskritik nicht richtig gelesen, – der verwehrt sich nämlich dagegen, daß im Lohnsystem Betrug herrscht. Die wahre Gerechtigkeit hingegen gibt es sowieso nur im Jenseits, da liegt der religiöse Fanatismus mancher IRA-Mitglieder näher dran als der sozialistische der Kapitalismuskritiker.

Ob schließlich die „Durchsetzung demokratischer Verkehrsreformen“ eine nötige oder auch nur gute Voraussetzung für Klassenkampf ist, kann ein paar Jahrzehnte später in Frage gestellt werden. Heute gibt es in Nordirland keinen Bürgerkrieg mehr, aber auch keinen Sozialismus.

 

aus: MüSZ 5 – 1974

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