Erklärung zur Iran-Demonstration in Frankfurt

 

1. Die MARXISTISCHEN GRUPPEN in der BRD und Westberlin haben zu der Iran-Demonstration der Conföderation Iranischer Studenten National Union (CISNU) am 25.11.1978 in Frankfurt am Main aufgerufen, mobilisiert und Anreisemöglichkeiten aus den Hochschulorten organisiert. Dafür gab es gute Gründe:

– der faschistische Terror des Schah-Regimes gegen die iranischen Arbeiter, Bauern und Intellektuellen erfordert xxdie Solidarität der westdeutschen Linken

– die offene Unterstützung des Schah-Regimes durch demokratische Staatsmänner, die Presse und andere xxMassenmedien verwies auf die Nutznießerschaft des Imperialismus an Terror und Ausbeutung im Iran

– hier galt und gilt es, den öffentlichen Konsens zu stören, für den Mord und Totschlag im Iran zu den xxselbstverständlichsten Spesen des Kapitalismus und der Demokratie hierzulande gehören.

Der Aufruf der CISNU zur nationalen Demonstration war eine akzeptable Grundlage für eine antiimperialistische Demonstration:

– er richtete sich sowohl gegen den Faschismus im Iran, als auch gegen seine demokratischen Formen in der BRD xxund anderen imperialistischen Staaten

– er unterstützte die iranische Opposition in ihrer antiimperialistischen Stoßrichtung und verhinderte nicht die xxKritik an Organisationen des iranischen Widerstands, die für uns wesentlich zum proletarischen xxInternationalismus gehört

– die CISNU hat keine Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Position der Sowjetunion und der VR China xxebenfalls kritisiert werden muß, wenn antiimperialistische Solidarität mit dem iranischen Volk demonstriert wird

– bestimmte Forderungen der CISNU, die von uns nicht vertreten werden, verhinderten unsere Teilnahme an der xxDemonstration nicht, weil Freiheit der Agitation im Rahmen der antiimperialistischen Ausrichtung der xxDemonstration vereinbart wurde.

2. Die Mobilisierung zur Demonstration verlief erfolgreich. Am 25.11. versammelten sich mehr als 10.000 Demonstranten in Frankfurt.

3. Gegen Ende der Demonstration distanzierte sich ein Teil vom Demonstrationszweck und ließ sich auf eine Straßenschlacht mit der Polizei ein, die seitdem alleiniger Gegenstand der öffentlichen Diskussion über die Demonstration ist.

4. Das Vorgehen der Frankfurter Polizei, die nach den ersten Zwischenfällen systematisch anfing, den ganzen Demonstrationszug gewaltsam aufzulösen, führte zu Verletzten und zu Verhaftungen auch im Block der MARXISTISCHEN GRUPPEN, der sich auf dem Rückzug befand und sich an den gewalttätigen Auseinandersetzungen zu keinem Zeitpunkt beteiligt hatte. Zur Gefährdung unseres Blocks trug erheblich der Versuch von gewalttätigen Demonstrationsteilsnehmern bei, unsere Reihen dadurch für die Schlacht mit der Polizei zu benützen, daß man sich in unseren Block flüchtete, um von da aus den Kampf mit der Polizei fortsetzte. Ein Teil der Verletzungen geht auf das Konto von Demonstrationsteilnehmern, die von Anfang an die Konfrontation mit der Polizei gesucht hatten.

5. Die MARXISTISCHEN GRUPPEN kritisieren die Aktion der Schläger als Übergang zum Anarchismus und als flagrante Aufkündigung der antiimperialistischen Solidarität.

6. Als Konsequenz für zukünftige gemeinsame Aktionen haben die MARXISTISCHEN GRUPPEN beschlossen, nur noch an Demonstrationen teilzunehmen, bei denen durch gemeinsame Absprachen und Vorkehrungen dafür Sorge getragen wird, daß der Demonstrationszweck von allen Organisationen bis zum Ende der gemeinsamen Demonstration strikt beachtet wird.

7. Für die Aufnahme von Bündnisverhandlungen machen die MARXISTISCHEN GRUPPEN die Kritik am Abbruch der Frankfurter Demonstration zur Bedingung.

8. Die MARXISTISCHEN GRUPPEN werden alles in ihren Möglichkeiten Stehende tun, um den Plänen des Staates zur Abschiebung iranischer Studenten oder zu einem Verbot der CISNU entgegenzutreten. Dies impliziert eine offene Auseinandersetzung mit der CISNU über Inhalt und Mittel antiimperialistischer Solidarität.

1. Dezember 1978
Die MARXISTISCHEN GRUPPEN
in der BRD und Westberlin

________________________________

Bemerkung von 2014: Dieses Dokument leitet eine Abkehr der MG von von der Demonstrationskultur der Linken ein. Während die bieder-blauäugige Entrüstung von Punkt 5 auf bisher vorhandene Illusionen über Verlauf und Wirkung von Demonstationen hindeuten, die später verlorengingen, so weisen Punkt 6 bis 8 darauf hin, daß hier ein Anspruch an die inhaltliche Vorbereitung einer Demonstration formuliert wird, die sich mit solchen Events nicht vereinbaren ließ und läßt.

aus: MSZ 26 – Dezember 1978