Rechtsinformationen der MSZ:

Ist Schwarzfahren ein Sport?


Die klare und entschiedene Antwort lautet: Nein! Beförderungserschleich ist ein Verbrechen! Und beileibe kein Kavaliersdelikt, bei dem es vor allem darauf ankommt, sich nicht erwischen zu lassen. Und insbesondere darf es nicht durch den Hinweis auf das Defizit von öffentlichen Verkehrsmitteln und Bundesbahn gerechtfertigt werden, weil es da auf ein paar Mark eh nicht ankäme. Wenn das jeder täte...

„Was dann, dachten wir, wenn umgekehrt (?) Banküberfälle mit Hinweis auf die Tatsache der hohen Umsätze dieser Institute zu Kavaliersdelikten umstilisiert werden sollten?
Ein weithergeholtes Beispiel? Aber es liegt auf der gleichen Linie wie die abstruse Argumentation, Schwarzfahren könne angesichts des Milliardendefizits der Bundesbahn als erlaubter Sport betrachtet werden.“ (Südd. Zeitung, 7.8. 78, Rosen für Schwarzfahrer?)

Allerdings finden wir den Vergleich von Geld, das bewacht in Banken liegt oder gerade von der Bundesbahn transportiert wird, und Schulden etwas weit hergeholt (auch wenn uns klar ist, daß das Geld, das dort liegt, Schulden sind). Denn haben und nicht haben sind immer noch zwei. Aber umgekehrt ist klar, daß das Defizit der Bundesbahn und der öffentlichen Verkehrsmittel durch die Schwarzfahrer verursacht wird. Es ist so hoch, daß die Summen aus dem „erhöhten Beförderungsentgelt“ kaum die Auslagen für die Kontrolleure decken. Es ist eben ein falscher Schluß der Bürger, daß der Staat die allgemeinen Verkehrsmittel in die Hand genommen hat, um daraus einen Zuschußbetrieb zu machen, weil man die Kosten dem einzelnen Bürger nicht zumuten könne. Vielleicht kann man sie einmal sogar in Privathand überführen.

Überhaupt die Kontrolleure. Die schwierige Aufgabe, die dieser alteingesessene Berufsstand ausübt, besteht darin (zusammen mit den Kaufhausdetektiven), der öffentlichen Zahlungsmoral auf den Fersen zu bleiben. (Es sollen ja schon höhere Beamte schwarz fahren, wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist.)

„»Geh’ was woll'n Sie denn! Bei den zwölf Milliarden Defizit der Bundesbahn spielen doch ein paar lumpige Mark keine Rolle«, läßt sich eine Stimme vernehmen. Dieses Argument schlägt durch wie eine Granate. Die Volksstimme bläst nun endgültig den Kontrolleuren den Marsch. Nur der Applaus und die Rosen fehlen jetzt noch für den Minivolkshelden aus der S-Bahn.“ (ebda)

Es ist und bleibt ein Verstoß gegen das Recht, sich an den stummen Fahrkartenentwertern vorbeizudrücken, ohne seine Marke hineinzustecken, auch wenn jemand das Vergehen für nicht besonders schwerwiegend einschätzen mag. Daß es sich hier um keine Bagatelle handelt, die noch dazu mit dem Hinweis, es sei ja bloß ein geringfügiges Vergehen gegen Eigentum, legitimiert werden kann, zeigt die Tatsache, daß im Wiederholungsfall Strafen gegen die Freiheit verhängt werden. Und nicht zu knapp, wegen des allgemein mangelnden Unrechtsbewußtseins.

 

aus: MSZ 25 – Oktober 1978

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