Vermischte Meldungen aus dem Imperialismus 1980

 

Kabul und Olympia

Wie so oft, wenn die westliche Führungsmacht es wieder einmal darauf anlegt festzustellen, wie weit die Russen gehen dürfen, zeigt sich das wahre Ausmaß der Katastrophe erst dann, wenn die Frage Nr. 1 „Gibt es einen Krieg?“ von den Amerikanern abschlägig beantwortet worden ist und die journalistische Staatsmannschaft wieder locker darüber spekulieren kann, mit welchen alternativen Mitteln die Amis ihre Weltmacht ausbauen:

„Boykott des Westens in Moskau? Es wäre das Ende der Olympischen Spiele ... Das Duell der sportlichen und politischen Supermächte hat einen den Lebensnerv der Spiele bedrohenden Punkt erreicht.“

Zwar ist der »Stern« nicht der erste, der mit der kritischen Feststellung „Politik war immer im Spiel“ für die Politik des »friedlichen Wettstreits der Nationen« eine Lanze bricht und an 36 erinnert:

„Und was wäre passiert, wenn das Ausland Hitlers Olympiade boykottiert hätte? Allenfalls, daß sich die Deutschen gekränkt gefühlt und enger um ihren Führer geschart hätten.“

Einmalig und von olympischem Geist aber ist die Entdeckung, daß Olympia gerade wegen Kabul sein muß: Andernfalls

„wäre mancher in Moskau darüber gar nicht so böse. Die Invasion von 300 000 Olympiatouristen lastet ohnehin wie ein Alptraum auf den Schultern mancher Kreml-Herren.“

Gar nicht so dumm! Der Parteigänger ordentlicher Spiele hat also durchaus Sinn für ihre moralische Qualität. Allerdings ist ja auch nur aus dem Grund das Sommerspektakel jetzt so ins Erpressungsgespräch gekommen.

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Patriotischer Neokolonialismus

Die Guerilla-Führer von ZANU und ZAPU in Zimbabwe erklärten kurz nach ihrer Ankunft in Salisbury, daß sie ab sofort den britischen Gouverneur Lord Soames als „unseren Oberkommandeur“ betrachten würden. Sie boten ihm die Unterstützung ihrer Verbände an. Gleichzeitig verkündeten sie ihre Absicht, gegen die im Busch zurückgebliebenen Reste ihrer Truppe „mit allen legalen Mitteln“ vorzugehen. Dem stellvertretenden Gouverneur Sir Anthony Duff versicherten sie laut „Süddeutsche Zeitung“ vom 9. 1., die „fortdauernde Präsenz südafrikanischer Truppen an der Grenze“ sei nicht mehr notwendig, „nachdem sich die Guerilla-Kämpfer entschlossen hätten, die Polizei zu unterstützen.“

Die Auffüllung der Polizei durch die „bewaffneten Revolutionäre“ ist wohl der erste Sieg jener „Volksmacht“, auf die es Mugabe und Nkomo ankommt. Schließlich will man jetzt schon auf die Posten, von denen aus man die endgültige Postenverteilung nach den Wahlen, so diese nicht für „die Sache des zimbabwischen Volkes“ ausgehen, für sich zu entscheiden hofft. Falls man die Wahlen gewinnt, bleibt auch noch genug zu tun: gegen die Verbündeten von heute und die zweiten Sieger von morgen.

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Eine Niederlage für Cuba in New York

Der Lider maximo hat auf einem Felde eine Niederlage hinnehmen müssen, die zwar für das Auskommen der Cubaner bedeutungslos, für die cubanische Revolution dafür aber umso schmerzlicher ist. Bei den Wahlen zum Sicherheitsrat der UNO besannen sich einige Blockfreie auf ihren natürlichen Verbündeten und erteilten dem „natürlichen Verbündeten der Sowjetunion“ eine deutliche Abfuhr. 153 Wahlgänge reichten nicht aus, um Cuba einen Sitz im Sicherheitsrat zu verschaffen, obwohl allein die Stimmen der in Havanna versammelten Staaten für die notwendige Zweidrittelmehrheit ausgereicht hätten. So nützte es Castro auch nichts, daß Österreich bis zum Schluß zu ihm gehalten hat.

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Minister mit Landwirtschaft

Der israelische Landwirtschaftsminister Ari Sharon, hochdekorierter Kriegsheld, geriet unter Beschuß, weil er einen Teil der Kriegsbeute des Zionistenstaates als Privatbesitz einbehielt und auf ihm eine Musterfarm aufzog, um sich – wie er selbst erklärte – in der Praxis mit den Problemen seines Ressorts vertraut zu machen. Die Affäre führte zur Einsetzung einer Kommission, die untersuchen sollte, ob hier ein möglicher „Interessenkonflikt zwischen Regierungsamt und Privatbesitz“ vorliege. Der „Süddeutschen Zeitung“ vom 9. 1. entnehmen wir das folgende Ergebnis: „Das Kabinett lehnte es ab, den Bericht einer Untersuchungskommission anzunehmen, in dem der Verzicht Sharons auf sein landwirtschaftliches Gut empfohlen wird.“

 

aus: MSZ 33 – Januar 1980

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